Da eine der wichtigsten Fachgebiete unserer Rechtsanwaltskanzlei das Immobilien- und Baurecht ist, konfrontieren wir in der Praxis immer wieder mit Fragen bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts. Die Beantwortung dieser Fragen wird durch die Tatsache interessanter und gegebenenfalls auch schwieriger gemacht, dass es neben den Rechtsvorschriften über die Ausübung des Vorkaufsrechts auch eine umfangreiche Literatur über die Praxis der Gerichte und Grundbuchämter in diesem Bereich gibt.
Zwei Fragen tauchen in der Praxis im Zusammenhang mit dem Vorkaufsrecht sehr häufig auf, nämlich wer zur Ausübung des Vorkaufsrechts berechtigt ist und was und wie die Parteien des Kaufvertrags tun müssen, damit die Möglichkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts dem Berechtigten bekannt wird.
Gemäß dem ungarischen Recht entsteht das Vorkaufsrecht entweder durch Begründung des Vorkaufsrechts vom Eigentümer und dessen Eintragung im Grundbuch oder, in überwiegender Mehrheit der Fälle, durch eine zwingende Rechtsvorschrift. Ein typischer Fall für das letztere ist, wenn der Miteigentümer das Vorkaufsrecht hat. Daraus folgt also, dass, wenn der Eigentümer seine Immobilie verkaufen möchte, hat er das von einem Dritten erhaltene Kaufangebot dem Miteigentümer vollständig mitzuteilen, so dass dieser genügend Zeit hat, sich zu dem Angebot zu äußern und es anzunehmen. Wird das Angebot angenommen, kommt der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer (Eigentümer) und dem Inhaber des Vorkaufsrechts und nicht dem Dritten (dem potenziellen Käufer) zustande.
Aus der korrekten Auslegung des Gesetzes folgt eindeutig, auch wenn wir in der Praxis schon auf mehrere Fehlinterpretationen in dieser Hinsicht getroffen haben, dass nur das vom Dritten, also von einer äußeren Person erhaltene Kaufangebot dem Inhaber des Vorkaufsrechts mitgeteilt werden muss; ist aber der Anbieter selbst ein Miteigentümer (z.B. bei einer aus 12 Garagen bestehenden Eigentümergemeinschaft), müssen die anderen Miteigentümer, die kein Angebot machen, nicht zur Ausübung ihres Vorkaufsrechts aufgerufen werden.
Nach unseren Erfahrungen ist das häufigste Problem in der Praxis, ob der zur Ausübung des Vorkaufrechts berechtigte Person ordnungsgemäß benachrichtigt wurde. Im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuchs ist das Angebot in vollem Umfang dem Berechtigten mitzuteilen. Bei Immobilienkaufverträgen bedeutet dies, dass die Vertragspartner dem Vorkaufsrechtsinhaber den unterzeichneten Kaufvertrag zusenden und ihn auffordern, sich dazu zu äußern, ob er den Vertrag zu den vertraglichen Bedingungen abschließen möchte. Die Vertragspartner müssen zunächst die Verzichtserklärung des Berechtigten auf die Ausübung des Vorkaufsrechts dem Grundbuchverfahren beilegen. Liegt keine solche Erklärung vor, müssen sie nachweisen, dass sie die Aufforderung dem Vorkaufsrechtinhaber zugesandt haben, und dass er die Aufforderung erhalten, sich aber in zumutbarer Zeit nicht geäußert hat. Die einschlägige Gerichtspraxis akzeptiert in dieser Hinsicht die Briefsendung per Einschreiben mit Rückempfangschein, da daraus der Zeitpunkt des Eingangs der Aufforderung eindeutig festgestellt werden kann. Komplizierter wird die Situation, wenn der Berechtigte die Aufforderung nicht übernimmt, und diese mit dem Vermerk „nicht gesucht” oder „Empfänger unbekannt” zum Absender zurückgelangt. In diesem Fall muss bei einem eventuellen späteren Rechtsstreit oder Gerichtsverfahren geprüft werden, ob die Absender die Aufforderung wirklich an die ihnen bekannte Adresse gesandt haben. Das Gericht erwartet aber nicht, dass der Verkäufer Nachforschungen anstellt, um den Aufenthaltsort des Vorkaufsrechtsinhabers zu ermitteln. Als Ultima Ratio besteht auch die Möglichkeit, dass sich die Parteien des Kaufvertrags gemeinsam äußern, dass ihnen die Einholung der Erklärung des Vorkaufsrechtsinhabers sehr schwierig oder äußerst schwierig gewesen wäre. In dieser Hinsicht hat das Gericht offenbar einen großen Beurteilungsspielraum bei einem späteren Rechtsstreit oder Gerichtsverfahren.
Vielleicht geht es auch aus diesem zusammenfassenden Artikel hervor, dass es sich durchaus lohnt, die Meinung eines Fachmanns mit spezifischen Kenntnissen und Erfahrungen einzuholen, wenn man beabsichtigt, einen Kaufvertrag abzuschließen, in dem ein Vorkaufsrecht vorgesehen ist.
BALÁZS & KOVÁTSITS Rechtsanwaltskanzlei